Im Land Bremen sind im vergangenen Jahr erneut weniger Energiesperren durchgeführt worden. Der deutliche Rückgang zeigt zum einen, dass die verschiedenen Instrumente des Runden Tisches „Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“ ihre Wirkung zeigen. Zum anderen tragen auch gesetzliche Neuregelungen zu dem Rückgang bei.
Im Land Bremen sind 2023 insgesamt 1.440 Strom-, Gas- und Wassersperren durchgeführt worden. Die Zahl fiel damit von 2.860 Sperrvorgängen im Jahr 2022 um 1.420 Vorgänge. Aufgeteilt auf die beiden Städte ergibt sich: In Bremerhaven sind im vergangenen Jahr 426 Mal Anschlüsse gesperrt worden, in der Stadt Bremen 1.014 Mal.
„Wir hatten befürchtet, dass die Anzahl der Sperren zunehmen wird: Die Haushalte sind durch die Energiekrise mit den gestiegenen Kosten für Erdgas und Strom sowie die allgemeine Inflation finanziell stark gefordert“, sagt Frank Steinhardt, Bereichsleiter bei swb Vertrieb. „Erfreulicherweise ist unsere Befürchtung aber nicht wahr geworden. Die Zahl der Energiesperren konnte aufgrund der unterschiedlichen Instrumente des Runden Tisches ‚Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden‘ begrenzt werden.“ Zudem seien seitens swb zahlreiche aufwändige Systemanpassungen notwendig gewesen, um die gesetzlichen Neureglungen infolge der Energiepreiskrise umzusetzen, zum Beispiel die Preisbremsen und Mehrwertsteueränderungen aus dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung. Dadurch sind weniger Sperrankündigungen und diese auch später als üblich versandt worden.
Die Abwendungsvereinbarung
Zu den gesetzlichen Neuregelungen bei Zahlungsverzug zählt unter anderem auch die Abwendungsvereinbarung. Dabei handelt es sich um einen Ratenplan mit bis zu 24 Teilzahlungen, den alle Betroffenen automatisch erhalten. Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit mindestens zwei Abschlagszahlungen und mindestens 100 Euro im Rückstand sind, erhalten eine Mahnung des Energielieferanten. Anschließend folgt die Sperrandrohung und im dritten Schritt die Ankündigung einer Sperre, bei swb der sogenannte „Gelbe Schein“, mit einer letzten Zahlungsfrist zur Abwendung. Dem Schein liegt unter anderem eine Abwendungsvereinbarung bei. Nimmt der Haushalt diese an und hält die vereinbarten Zahlungsziele ein, kann er die Sperre verhindern.
Die Energiebudgetberatung
Verbraucherinnen und Verbraucher, die Probleme haben, die Kosten für Gas, Strom und Wasser zu zahlen, können die kostenfreie Energiebudgetberatung der Verbraucherzentrale Bremen in Anspruch nehmen. Das Angebot nutzten 2023 insgesamt 184 Betroffene, davon 37 in Bremerhaven und 147 in Bremen. Die Beratungsnachfrage ist damit erstmalig wieder auf das Niveau vor der Corona-Pandemie zurückgegangen. Über 900 Beratungs- und Verhandlungskontakte waren im vergangenen Jahr erforderlich, um ein Gesamtforderungsvolumen von rund 425.500 Euro zu bearbeiten. „Die Energiebudgetberatung bleibt damit ein wichtiger Baustein, um Energiesperren zu vermeiden“, sagt Nicole Bahn, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Bremen. Auffällig sei, dass die Energieschulden pro Fall höher sind als in den Vorjahren. 2023 lagen diese im Durchschnitt bei 2.300 Euro pro Fall.
Der Härtefallfonds
Wenn weder die Abwendungsvereinbarung noch die Energiebudgetberatung Erfolg haben, können Betroffene den Härtefallfonds der Senatorin für Soziales nutzen. Er ist eine Auffanglösung für den absoluten Notfall und kann nur einmal in Anspruch genommen werden. Der Härtefallfonds richtet sich an Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven, die Transferleistungen beziehen und sich aufgrund von Krankheit, einer besonderen familiären Situation oder aus anderen schwerwiegenden Gründen in einer Ausnahmesituation befinden.
Erweiterter Härtefallfonds ermöglicht Lückenschluss
Der Senat hat im vergangenen Jahr den bestehenden Härtefallfonds ausgeweitet. Die dazugehörige Kompetenzstelle, bei der Betroffene beraten werden, ist bei der Verbraucherzentrale Bremen angesiedelt. Diese hat die Arbeit im November 2023 aufgenommen. Mit der erweiterten Form werden nun auch Haushalte bedacht, die keine Transferleistungen, wie Bürgergeld, Sozialhilfe oder Asylleistungen, beziehen. „Betroffene Haushalte nehmen direkt Kontakt mit der Kompetenzstelle auf und beantragen dort Unterstützung“, sagt Andrea Klähn, die bei der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration für die Themen Miet- und Energieschulden zuständig ist. „Der erweiterte Härtefallfonds wird gut angenommen. Im vergangenen Jahr nahmen sieben Haushalte die Hilfe in Anspruch.“
Selbst aktiv werden
Wer die Kosten für Energie oder Wasser nicht mehr zahlen kann, sollte schnellstmöglich den ersten Schritt tun und sich an die Partnerinnen und Partner des Runden Tisches wenden. Die Mitwirkenden vom Runden Tisch „Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“ appellieren: „Wir sind da und helfen. Bei der Vermeidung der angedrohten Sperre, bei der Aufstellung eines Budgetplans für die Zukunft. Wir helfen sehr gerne bei der Erarbeitung nachhaltiger Lösungen. Aber wir können Ihnen nur helfen, wenn Sie auf uns zukommen“, betonen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches.