- Microgreens und Sprossen sind reich an Vitaminen und Mineralstoffe
- Einige Startups locken mit – nach Ansicht der Verbraucherzentrale Bremen – irreführen-den und verbotenen Gesundheitsversprechen
- Microgreens ersetzen keine ausgewogene Ernährung mit „normalem“ Gemüse
Für Gemüsemuffel ein Traum: Statt der empfohlenen drei Portionen Gemüse am Tag einfach eine Handvoll Microgreens essen. Kann der Trend den Verzehr von anderem Gemüse ersetzen?
Als Microgreens werden gekeimte Pflanzen bezeichnet, die je nach Art, zwei bis drei Blätter entwickelt haben. Das deutsche Wort für diese Pflanzenzwerge ist Schössling. Im Unterschied zu den als Sprossen bekannten, gekeimten Samen, dürfen Microgreens etwas länger wachsen. Die Samen werden dafür in Erde oder Substrat ausgesät. Nach zwei bis drei Wochen sind sie erntereif und werden über der Wurzel abgeschnitten. Im Gegensatz zu Sprossen landen hier die Samen nicht mit auf dem Teller. Es gibt viele Pflanzen, die sich für die Produktion von Microgreens eignen. Vertreter der Nachtschattengewächse wie Tomaten und Auberginen aufgrund des enthaltenen Solanins besser nicht verzehren.
Rote Beete, Spinat und Senf sind gute Arten für den Anbau auf der Fensterbank – und nicht zuletzt natürlich auch das bekannteste aller Microgreens – die Kresse.
Fragwürdige Gesundheitsversprechen
In einigen Onlineshops werden unrealistische Gesundheitsversprechen zu den Samen und deren Inhaltsstoffen gemacht. Sie sollen Krankheiten heilen oder vorbeugen. Bestimmte gesundheitsbezogene Aussagen – die Health Claims – sind erlaubt. Weitere Versprechungen dürfen jedoch nicht gemacht werden. Dazu gehören zum Beispiel Aussagen zur Heilung von Krankheiten oder zur Vorbeugung bestimmter Symptome.
Vitamine auf kleinstem Raum
Laut einiger Studien ist die Menge an Vitaminen und Mineralstoffen pro 100 Gramm in vielen Mini-Pflanzen höher, als im ausgewachsenen Gemüse. Dies trifft aber nicht auf alle Microgreens zu, es gibt auch Pflanzen, die im erwachsenen Stadium höhere Gehalte aufweisen. Durch das Keimen der Samen steigt bei einigen Vitaminen der Gehalt an. Zum Beispiel enthalten Rotkohlschösslinge besonders viel Vitamin C, Vitamin K und Carotinoide. Auch reichlich sekundäre Pflanzenstoffe und Eiweiß enthalten viele der Power-Schösslinge.
Gemüse liefert neben Vitaminen und Mineralien auch Pflanzenfasern. Diese sind als Ballaststoffe wichtig für die Sättigung, einen gesunden Verdauungsapparat und damit auch die Bakterien im Darm. Auch wenn eine kleine Portion Microgreens viele Vitamine liefert, hinkt sie in diesem Bereich einfach aufgrund der geringen verzehrten Menge hinterher.
Hygiene ist wichtig
Beim Anbau von Sprossen wird Hygiene großgeschrieben, denn der EHEC Ausbruch 2011 durch kontaminierte Bockshornkleesaat zeigte deutlich, dass es sich bei Sprossen um ein sehr anfälliges Lebensmittel handelt. Besonders empfindliche Menschen sollten sie deshalb vor dem Verzehr in kochendem Wasser blanchieren.
Microgreens sind etwas unempfindlicher. Sie wachsen nicht dauerhaft in einer – optimal für Krankheitserreger – feuchten Umgebung. Trotzdem muss auf eine gute Hygiene geachtet werden. Denn auch sie sind sehr anfällig für Kontaminationen mit Krankheitserregern.
Wer die Microgreens selber anbauen möchte, sollte dazu nur Saatgut verwenden, das für die Produktion von Sprossen und Microgreens geeignet ist. Diese Samen sind dekontaminiert, damit sie keine unerwünschten Verunreinigungen, wie krankmachende Bakterien, enthalten. Denn schon wenige dieser Bakterien pro Kilogramm Samen reichen bei der Sprossenherstellung aus, um einen Krankheitsausbruch auszulösen.
Abgepackte Pflänzchen zeitnah verzehren, denn Salmonellen, Listerien und andere Keime können sich in den geschlossenen Verpackungen gut vermehren. Offen gelagert vertrocknen die abgeschnittenen Keimlinge sehr schnell, werden unansehnlich und verlieren durch längere Lagerung auch einen Teil ihrer wertvollen Inhaltsstoffe.
Vor dem Verzehr die Microgreens immer gut waschen. Sind sie jedoch kontaminiert, hilft Waschen nur begrenzt weiter, denn in diesem Stadium ist es möglich, dass krankmachende Keime in das Innere der Pflanzenzellen gelangt sind. Risikogruppen wie Schwangeren, Immunkranken und kleinen Kindern wird deshalb vom Rohverzehr abgeraten.
Teurer Hype
Eine Portion fertiger Microgreens – gewachsen auf der Größe einer Handfläche – ist für um die drei Euro zu haben. Darauf stehen zum Beispiel hunderte kleiner Brokkoli- oder Rettichpflanzen. Menschen mit einem grünen Daumen können Samen selber aussäen. Hier schwanken die Preise je nach Anbieter und Pflanzenart stark. So können 100 Gramm Saatgut von unter zwei Euro bis zu erstaunlichen 15 Euro kosten.
Geschmack und Aussehen
Sowohl im Geschmack, als auch im Aussehen bieten Microgreens eine große Vielfalt. Einige Arten ähneln im Geschmack ihren großen Vertretern. Zum Teil schmecken sie aber deutlich intensiver, wodurch der Verzehr der puren Keimlinge für den einen oder anderen Gaumen weniger schmackhaft sein kann. Das Farbspektrum der Pflanzen reicht von gelb über grün bis rot und lila. Die Pflänzchen eignen sich also eher als eine Dekoration oder Topping von Salaten, Broten und warmen Mittagsgerichten. Auch im Smoothie können sie für die Extraportion an Vitaminen und Mineralstoffen sorgen. Doch als genereller Ersatz für normales Gemüse eignen sie sich nicht.