Lebensmitteleinzelhandel: Vom krummen Obst und Gemüse bis zum MHD
Stand:
2020 wurden im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland rund 800.000 Tonnen Lebensmittel entsorgt. Ein großer Teil entfiel dabei auf den klassischen Einzelhandel wie Supermärkte oder Discounter.
Foto:
Pixabay, Structuro
Das Wichtigste in Kürze:
Der klassische Lebensmittelhandel, wie Supermärkte, Discounter, Verbrauchermärkte, entsorgt etwa 290.000 Tonnen Lebensmittelabfälle jährlich.
Krummes Obst und Gemüse können Sie auch wieder im Supermarkt kaufen.
Der Handel sollte das Angebot an losem Obst und Gemüse noch weiter ausbauen.
On
Ursachen und Zahlen zu Lebensmittelabfällen im Handel
Lebensmittelabfälle im Einzelhandel haben vielfältige Gründe:
So kann es zur Fehlkalkulation kommen, weil Händler mit einem schönen Sommerwochenende rechnen und entsprechend viel Grillware bestellt wurde. Dann aber am Freitag unerwartet Regen einsetzt und die bestellte Ware doch nicht verkauft wird.
Oder Obst oder Gemüse wurde im Lager vergessen und muss wegen Verderb und Schimmel entsorgt werden.
Manchmal sind Kühl- und Tiefkühlgeräte falsch eingestellt oder fallen ganz aus und Ware landet wegen Unterbrechung der Kühlkette in der Tonne.
Oder nach dem Oster- und Weihnachtsfest übrig gebliebene Saison- und Aktionsware lässt sich nicht verkaufen.
Laut dem aktuellen Bericht nach EU-Vorgaben des Statistischen Bundesamtes ist die Gesamtmenge für den Handel nun bei 800.000 Tonnen anzusiedeln. Daten zur Vermeidbarkeit oder Unterteilung nach Groß- und Einzelhandel werden nicht veröffentlicht.
Daher werden im Folgenden die Daten des Thünen-Instituts genutzt. Dieses kommt 2019 zu dem Ergebnis, dass auf den klassischen Lebensmitteleinzelhandel mit Supermärkten, Discountern und Verbrauchermärkten 290.000 Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr entfallen.
Weitere Einzelhändler wie Drogeriemärkte, Bäckereien, Fleischereien, Onlinehandel, Getränkehandel, Wochenmärkte und Tankstellen kommen auf 210.000 Tonnen Lebensmittelabfall. Nicht berücksichtigt sind Retouren, also Produkte, die nicht verkauft und an die Lieferanten zurückgegeben und entsorgt werden. Etwa 30 Prozent der Abschreibungen gehen jedes Jahr an karitative Einrichtungen wie etwa die Tafeln.
Bei den leicht verderblichen Lebensmitteln wie Brot werden laut dem Bericht wertmäßig rund 6 Prozent der Produkte entsorgt, bei Obst und Gemüse etwa 4,3 Prozent, während bei Getränken und Tiefkühlkost gerade mal rund 0,3 Prozent Verluste anfallen.
Nachdem 2019 Unternehmen des Lebensmittelgroß- und Einzelhandels eine Beteiligungserklärung gegen Lebensmittelverschwendung unterzeichnet hatten, wurde im Sommer 2023 der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung von 14 Groß- und Einzelhändlern und dem Bundesernährungsministerium unterzeichnet. Es gibt dabei Pflichtmaßnahmen und Wahlpflichtmaßnahmen.
Die Pflichtmaßnahmen sind:
Die unionsweit geltenden Zielvorgaben für die Verringerung von Lebensmittelabfälle um 30 Prozent bis 2025 und um 50 Prozent bis 2030 umzusetzen.
Lebensmittel an beispielsweise Tafeln bei 90 Prozent der Lebensmittelgeschäftsstandorte weiterzugeben.
Die Abfallhierarchie aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz einzuhalten.
Bestimmte Vorgaben bei Überschüssen bei Lieferanten oder Retouren einzuhalten.
Das Personal in Lebensmittelgeschäftsstandorten zu schulen.
Darüber hinaus müssen die unterzeichnenden Unternehmen acht Wahlpflichtmaßnahmen durchführen. Eine jährliche Berichterstattung erfolgt an das Thünen-Institut.
Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum und leicht verderblichen Lebensmitteln
Im Handel werden oftmals nur Lebensmittel vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verkauft. Wenn dieses überschritten ist, müssen die Händler prüfen, ob die Lebensmittel einwandfrei sind und am Regal oder auf dem Lebensmittel auf das überschrittene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD)f hinweisen. Trotzdem nehmen Händler Lebensmittel oftmals mehrere Tage oder sogar bis zu einer Woche vorher aus den Regalen.
Der Handel hat vielfältige Möglichkeiten, Lebensmittelabfälle zu verringern. Eine schnellere, optimierte Lieferkette kann Abfälle im Einzelhandel und bei Verbraucher:innen reduzieren, wenn der Zeitraum zwischen Ernte, Verpackung und Verkauf verkürzt wird. Denn jeder Tag in der Lieferkette verkürzt die Restlaufzeit von Lebensmitteln. Hierzu wird eine Wahlpflichtmaßnahme im Pakt angegeben. Zumal viele frische Lebensmittel eine unsachgemäße Behandlung wie etwa falsche Temperaturen beim Transport nicht vertragen.
Am Abend und vor Geschäftsschluss sollte das Angebot an leicht verderblichem Obst- und Gemüse sowie Brot und Backwaren nur noch dosiert, also je nach aktueller Nachfrage mit kleineren Mengen aufgefüllt werden.
Krummes Obst und Gemüse
Viele Händler bieten mal krummes Obst und Gemüse an, wie etwa verwachsene Möhren oder Äpfel der Handelsklasse B. Häufig werden aber krummes Gemüse oder Obst neben den durchsortierten Obst- und Gemüseangeboten angeboten. Dann geht es den Händlern wohl eher um Imagepflege. Denn Ziel sollte es sein, Obst und Gemüse generell wieder auf "naturnahe Sortierungen" umzustellen, so dass möglichst wenig krummes Obst und Gemüse nach der Ernte aussortiert werden muss.
Dafür müssten die Handelskonzerne aber ihre eigenen Qualitätsanforderungen für Obst und Gemüse nach und nach anpassen. Die gesetzlichen Regelungen und Normen sind hier ausreichen. Die Vermarktungskonzepte beispielsweise von Klasse II sollten weiterentwickelt werden. Dazu gehört auch, die Verbraucher:innen beim Kauf von Obst- und Gemüse aktiv zu informieren. Dies ist beispielsweise eine mögliche Wahlpflichtmaßnahme aus dem oben genannten Pakt.
Ein erfolgversprechenderer Ansatz ist es, Gemüse, Obst und Kartoffeln aus ökologischem Landbau in weitgehend natürlicher Mischung anzubieten. In den Packungen finden sich neben bisher gewohnten Produkten, etwa kleinwüchsige Tomaten, grünliche Zitronen oder krumme oder kleinere Möhren. Das ist gerade im Biobereich besonders wichtig, da hier keine synthetischen Pestizide erlaubt sind, weshalb ansonsten besonders viele Bioprodukte wegen Schönheitsfehlern aussortiert werden.
Verbraucher:innen helfen, nur das zu kaufen, was sie wirklich essen
Der Handel sollte das Sortiment an losem Obst und Gemüse ausweiten. So können Verbraucher:innen bedarfsgerecht einkaufen und gleichzeitig Verpackungen einsparen. Diese Produkte sollten dann nach Gewicht und nicht mehr pro Stück verkauft werden, was den bedarfsgerechten Einkauf erleichtert. Auch sollten Sie auf Verpackungssysteme verzichten, die Lebensmittelverluste verursachen, wie etwa Schalen aus Styrorpor, und Kunststoff für Möhren, die dazu führen, dass zu lange Möhren aussortiert werden. Beim Einsatz von Beuteln kann die Aussortierquote deutlich verringert werden.
Auch kann der Handel kleinere Produktgrößen und Produkte mit verschiedenen Reifegraden anbieten, etwa zum direkten Verzehr und als "Lagerware" für die nächsten Tage daheim. So können Verbraucher:innen selbst über die eingekauften Mengen, auch entsprechend der eigenen Lagermöglichkeiten zu Hause entscheiden.
Aktionen wie XXL-Angebote, die Verbraucher:innen zum Kauf größerer Mengen animieren, passen nicht in eine Zeit, in der Ressourcen eingespart werden sollen. Große Beutel mit Äpfeln und Orangen sollten daher nur selten angeboten werden, da die Lagerung zu Hause meist nicht lange möglich ist.
Klage wegen service-rundfunkbeitrag.de gegen SSS-Software Special Service GmbH
Die SSS-Software Special Service GmbH macht auf service-rundfunkbeitrag.de nicht ausreichend kenntlich, dass sie Geld für eigentlich kostenlosen Service verlangt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagt vor dem OLG Koblenz auf Unterlassung und hat eine Sammelklage eingereicht.
Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten
"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.
Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug
Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.