Die Zahl der Stromsperren ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen. Die Gründe sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Der Runde Tisch „Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“ mit der Kampagne „Zappenduster!“ verhinderte deutlich höhere Zahlen.
Die Zahl der Stromsperren ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen. Die Gründe sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Der Runde Tisch „Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“ mit der Kampagne „Zappenduster!“ verhinderte deutlich höhere Zahlen.
Die Zahlen für die durchgeführten Strom-, Gas- und Wassersperren für das Jahr 2021 liegen vor. Nach einer ungewöhnlichen Entwicklung im Vorjahr erreichten sie wieder das Niveau von 2019, das bis dato die besten Erfolge unter „normalen“ Rahmenbedingungen und die konstante Fortsetzung eines Abwärtstrends darstellte. Der Blick auf das Land Bremen mit den Städten Bremen und Bremerhaven ergibt folgendes Bild: Die Anzahl der Sperren in Bremen stieg von 1.916 auf 3.679 (+87,6 Prozent), in Bremerhaven von 657 auf 1.039 (+58,1 Prozent). Im Bundesland Bremen stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr von 2.573 auf 4.718 und damit um rund 83,4 Prozent. Seit Beginn der Arbeit des Runden Tisches in 2015 nahm die Anzahl der Sperren rund ein Drittel ab.
„Die verschiedenen Auswirkungen der Corona-Pandemie haben 2021 zu einem starken Anstieg der Stromsperren geführt, nachdem sie im Vorjahr den umgekehrten Effekt hatten“, erklärt Frank Steinhardt, Bereichsleiter bei swb Vertrieb. Es gibt mehr als einen Grund dafür: „2020 wurden viele Sperren nicht ausgeführt, zum Beispiel wegen Erkrankungen beim Personal oder in den betroffenen Haushalten. Auch das Memorandum der Bundesregierung, Abschlagszahlungen auszusetzen und zeitversetzt ab 1. Juli 2020 zu zahlen, oder die gesenkte Mehrwertsteuer haben letzten Endes zu höheren offenen Beträgen und somit zu vermehrten Sperren geführt.“ swb erfasst die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Sperren. Die Zahl der verschickten Mahnschreiben und Briefe mit Sperrankündigung ist rund vier Mal so hoch. Da einige Haushalte mehrfach gesperrt werden mussten, ist die Anzahl der von den Sperren Betroffenen etwas geringer als die Zahl der durchgeführten Sperren. 2021 waren insgesamt 4.095 Haushalte im Land Bremen von Sperrungen betroffen.
Über den runden Tisch „Energiesperren vermeiden“
Eine Arbeitsgruppe mit rund 20 Vertreter:innen öffentlicher Stellen, von Beratungseinrichtungen und von swb setzen sich gemeinsam dafür ein, betroffene Bürger:innen in Bremen und Bremerhaven schnell und unkompliziert bei angekündigten Energiesperren zu unterstützen. Sie können dabei auf einen Mix aus verschiedenen Präventionsmaßnahmen zurückgreifen. Eine Maßnahme ist die seit 2015 laufende Informationskampagne „Zappenduster!“, die via Webseite, Faltblättern in verschiedenen Sprachen sowie kostenloser Telefon-Hotline über verschiedene Wege aus der Krise informiert – darunter etwa die Energiebudgetberatung der Verbraucherzentrale Bremen e.V.
Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Bürger:innen in Bremen und Bremerhaven, die wegen Zahlungsrückständen mit einer Strom-, Gas oder Wassersperre rechnen müssen, seit 2021 darüber hinaus Hilfe aus einem dafür eingerichteten Härtefallfonds des Landes erhalten.
Unterstützung von der Verbraucherzentrale Bremen
„Wir helfen Verbraucherinnen und Verbrauchern in unserer kostenlosen Energiebudgetberatung. Natürlich geht es zunächst darum, die drohende Sperre zu verhindern und im zweiten Schritt mit einer Budgetberatung auch dauerhaft die Lage zu verbessern. Zugleich erfüllt die Energiebudgetberatung eine Art Lotsenfunktion und führt zu passenden Hilfsangeboten“, erklärt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. In 2021 wurde die Energiebudgetberatung fast doppelt so oft in Anspruch genommen wie im Vorjahr, die Zahlen stiegen von 301 auf 571 Fälle. In 2019 lagen diese sogar nur bei 157 Fälle. „Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Unterstützung durch die Verbraucherzentrale enorm gestiegen. Das gilt nicht nur für die Energiebudgetberatung, sondern für alle unsere Beratungsbereiche. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bringen immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Existenznot. Viele sind zutiefst verunsichert. Durch Kurzarbeit, Angst vor oder tatsächlichem Jobverlust, steigende Ausgaben durch die Inflation – die knappen Kassen sind für viele Menschen mittlerweile die Herausforderung in der Corona-Krise“, sagt Annabel Oelmann. „Ich beobachte die aktuelle Entwicklung und Preisexplosion mit großer Sorge.“
Fallzahlen Energiebudgetberatung
|
2019 |
2020 |
2021 |
Bremen |
94 |
204 |
409 |
Bremerhaven |
63 |
97 |
162 |
Insgesamt |
157 |
301 |
571 |
Der Härtefallfonds der Senatorin für Soziales
Der Fonds ist eine Auffanglösung für den absoluten Notfall und gedacht für Bürger:innen in Bremen und Bremerhaven, die ein geringes Einkommen haben oder Transferleistungen beziehen und sich aufgrund von Krankheit, besonderer familiärer Situation oder aus anderen schwerwiegenden Gründen in einer Ausnahmesituation befinden. „Wichtig zu wissen ist, dass der Fonds grundsätzlich nur einmalig genutzt werden kann“, erklärt Andrea Klähn, die bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport die Themen Miet- und Energieschulden verantwortet. Nach wie vor sind die am Runden Tisch vertretenen öffentlichen Stellen oder Einrichtungen erste Anlaufstelle für Menschen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, bereits eine Sperrankündigung erhalten haben oder bei denen sogar eine Sperre durchgeführt wurde. Mitarbeiter:innen der beratenden öffentlichen Stellen oder Einrichtungen können einen Sperrprozess unterbrechen, um gemeinsam mit Betroffenen und swb nachhaltige Lösungen zu erarbeiten und eine Sperre abzuwenden. Dazu gehört auch die Antragstellung bei den Leistungsbehörden. Das sind die Jobcenter in Bremen und Bremerhaven, das Sozialamt Bremerhaven und das Amt für Soziale Dienste Bremen. „Erst wenn dies nicht funktioniert, greift der Härtefallfonds. Für die Auszahlung bewilligter Hilfen ist die Verbraucherzentrale Bremen verantwortlich. Der Fonds wurde in 2021 viermal in Anspruch genommen“, sagt Andrea Klähn.